GFS-Frühjahrstreffen am 18./19. Januar 2019 zu „Perspektiven der Industrie“

Wir haben uns wieder einmal getroffen in der Silvio-Gesell-Tagungsstätte Wuppertal:

Dieter Rehfeld führte das Thema des Round-Table Gesprächs „Perspektiven der Industrie“ ein.

Vier sich durchaus überschneidende Themen dienten als Beispiel und Ausgangspunkt. Sie wurden durch einen jeweils zehnminütigen Impuls eingeleitet, daran scholoss sich jeweils eine 20minütige Diskussion an:

Jörg Weingarten, PCG Consult, Essen: „Eindrücke aus anderen Branchen – was sind die Trends in der Chemischen Industrie?“

Antje Blöcker, Vechelde/ TU Braunschweig, IAT Research Fellow: „Neue Antriebstechnologien und neue Mobiltitätskonzepte – Verschläft die deutsche Automobilindustrie die Zukunft?“

Peter Troxler, Fachhochschule Rotterdam: „FabLabs und 3-Drucken – Urbane Spielwiese oder Paradigma einer neuen industriellen Struktur?“

Nomo Braun, Agiplan Mülheim: „Digitalisierung und neue Geschäftsmodelle – was ist der Stand der Umsetzung in den Unternehmen?“

Das Fazit erfolgte durch Ben Dankbaar, Universität Nijmegen

Ein herzlicher Dank gilt den Referenten!


Kooperationsveranstaltung: Wachstum – Lösung oder Brandbeschleuniger?

Wachstum ist während des Kalten Krieges zum alles überragenden Ziel der Wirtschaftspolitik geworden. Spätestens seit dem Bericht des Club of Rome (Limits to growth, 1972) wird Wachstum auch als Treiber der Zerstörung ökologischer Lebensgrundlagen wahrgenommen. Wulf Noll plädierte in seinm Input-Vortrag (Download Skript hier) dafür, die Produktion von Gütern wieder an den Bedürfnissen der Menschen auszurichten und die Frage des Wachstums gelassener zu betrachten. Ausgehend von dem seit Jahrzehnten sinkenden westdeutschen Bruttoinlandsprodukt leitete er die These her, dass anstelle der früher stabilen Konjunkturzyklen zukünftig ein langfristig konstantes Wachstum auf niedrigem Niveau eintreten wird. Dieses würde vor allem durch gelegentliche Innovationstreiber (z.B. Digitalisierung) temporäre Wachstumsschübe erfahren.

Input Wulf Noll

Philipp Schepelmann fasste empirische Befunde wachstumsinduzierter globaler Megatrends zusammen. An zahlreichen „Hockeyschläger“-Zeitreihen-Indikatoren verdeutlichte er die Auswirkungen des Wachstums auf die Umwelt, die Wirtschaft und die Gesellschaft und fokussierte dabei insbesondere auf die unteschiedlichen Effekte in wirtschaftlich weit entwickelten und wirtschaftlich schwach entwickelten Staaten. U.a. mit der Zusammenfassung, dass Wohlstand und Entwicklung weiterhin mit Ressourcenverbrauch gekoppelt sind, leitete er die darauf folgende Diskussion mit allen Teilnehmenden ein.

Input Philipp Schepelmann

In einer angeregten Diskussion ergab sich der weitgehende Konsens, dass Wachstum nicht grundsätzlich problematisch ist, sondern differenziert werden müsse. Wachstum sollte keine politische Vorgabe sein, sondern intelligent aus der Gesellschaft heraus geschehen. „Das Richtige soll wachsen“, z.B. durch Forcierung von ressourcenschonenden Technologien oder von Geschäftsmodellen der zirkulären Wirtschaft.

Das Fachgespräch am 11. Oktober 2018 in den Räumen des Wuppertal Instituts wurde in Kooperation mit dem interdisziplinären Zentrum für Transformationsforschung und Nachhaltigkeit (TransZent) durchgeführt.

GfS vor Ort: Zirkuläre Wirtschaft

Der Begriff der „Kreislaufwirtschaft“ verkürzt den Kreislaufgedanken allein auf den Aspekt der Abfallvermeidung. Darüber hinausgehende Vorteile vieler kreislauforientierter Produkte und Geschäftsmodelle werden international unter den Begriffen „Circular Economy“ und „Cradle to Cradle“ seit ein paar Jahren diskutiert.

Reinhold Rünker, ständiger Vertreter der Abteilungsleitung  Wirtschaftspolitik im NRW-Wirtschaftsministerium, stellte am 12. April ein darauf aufbauendes industriepolitisches Innovationskonzept vor, das produktorientiert als „Zirkuläre Wertschöpfung“ bezeichnet wird (PDF-Download der Präsentation). Dies zielt insbesondere auf einen höheren qualitativen Anspruch an die Produkte  ab wie z.B. neue Funktionen oder eine längere Lebensdauer damit der Spagat zwischen den Zielen des wirtschaftlichen Wachstums, des gesellschaftlichen Wohlstands und der nur begrenzt verfügbaren Ressourcen gelingen kann. Verwendete Werkstoffe sollen am Ende des Produktzyklus wieder in neue Produktionsprozesse eingebracht werden können. Das erfordert neue Designanforderungen, neue Werkstoffe und Produktionsverfahren, die durch die disruptiven Technologien wie Digitalisierung oder Additive Fertigung unterstützt werden.

Die kurze Darstellung einzelner Projekt- und Produktbeispiele (s. u.a.  Potenzialanalyse einer zirkulären Wertschöpfung im Land Nordrhein – Westfalen ; PDF-Download von www.wirtschaft.nrw) leitete zur Diskussion über. Die elf Teilnehmenden im Haus des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW erörterten insbesondere die Frage, ob hier ein Marktversagen vorliegt. Und falls ja, ob der Staat eher durch Anreizsysteme wie Förderungen, durch die Berücksichtigung bei eigenen Auftragsvergaben oder nur durch gesetzliche Regulierungen einen Fortschritt erreichen kann. Deutlich wurde, dass nicht alle Produkte gleichermaßen für die zirkuläre Wertschöpfung geeignet erscheinen.

Wie geht es in NRW weiter? Wenn alles gut läuft, wird mit Landesförderung ein regionales Kompetenzzentrum zur zirkulären Wertschöpfung in Bottrop aufgebaut. Dort untersucht die Hochschule Ruhr-West derzeit, wie man die mittelständische Wirtschaft in NRW unterstützen kann, Produkte, Verfahren und ganze Wertschöpfungsketten umzugestalten.