GfS digital vernetzt mit der Region Niederrhein: Strukturpolitische Herausforderungen, Strategien und Projekte

Was gibt es Neues vom Niederrhein? Zwei regionale Experten gaben uns einen Einblick und gingen mit uns in den interaktiven Austausch.

Der Niederrhein hat viele Gesichter – so stellten sich unsere Mitglieder ihn vereinfacht vor: Viel von Gartenbaugebieten geprägter ländlicher Raum, in dem es den Meisten eigentlich gut geht. Zumindest abseits der typisch ländlichen Herausforderungen wie Demographie und Qualifikation. Und dazwischen gibt es ein paar von schwächelnden Branchen langjährig gebeutelte Städte. Wie immer ist die Realität deutlich differenzierter.

Prof. Dr. Angelika Krehl gab uns einen Einblick in eine Pilotstudie zum Thema soziale Innovationen. Als Professorin für VWL, regionale und sektorale Strukturpolitik an der Hochschule Niederrhein, Standort Mönchengladbach leitet Sie das NIERS – das Niederrhein Institut für Regional- und Strukturforschung (https://www.hs-niederrhein.de/niers), welches zahlreiche Forschungsvorhaben betreut. Im konkreten Fall geht es um die Mönchengladbacher Stadtteilinitiative „Dahlien“. Diese sei sehr erfolgreich, die Bedarfslage im Quartier mit egagierten Anwohnenden, mit einem Quartiersmanagement, mit der Bezirksverwaltung und mit engagierten Unternehmen gemeinsam zu betrachten und Umsetzungsmaßnahmen zu entwickeln. Das vorläufiges Fazit aus einer Pilotstudie lautet:

  • Soziale Innovationen sind mehr als ein Prozess / als ein statisches Ergebnis
  • Unternehmerisches Engagement in Form von Corporate Social Responsibility / Corporate Regional Responsibility kann eine soziale Innovation in ihrer Entstehung und Wirkung unterstützen
  • Soziale Innovationen sind geeignet, endogene Potenziale zu heben und so einen Beitrag zu leisten, die (regionalen) Transformationserfordernisse zu bearbeiten und zu gestalten.

Den 11 Teilnehmenden gab sie folgende Aufgabe zur Diskussion: Was kann und soll Strukturpolitik dazu beitragen? Aus dem Teilnehmendenkreis wurde stark auf das Quartiersmanagement eingegangen, welches an sich zwar keine soziale Innovation darstellt, allerdings als eine Art Katalysator zur Entstehung sozialer Innovationen dient. Hier kann die Strukturförderung ansetzen. Hinterfragt wurden zudem die Gelingensfaktoren zur Beteiligung von Unternehmen. Hierzu tragen vor allem Angebote zur Sichtbarwerdung z.B. zum Marketing und zur Fachkräftegewinnung bei.

Bertram Gaiser, Geschäftsführer der Standort Niederrhein GmbH ( http://www.invest-in-niederrhein.de) und Leiter der Regionalagentur mittlerer Niederrhein (www.regionalagentur-mittlerer-niederrhein.de) versorgte die Teilnehmenden mit regionalen Strukturdaten sowie Informationen zum komplexen Kooperationsgeflecht zu benachbarten Regionen in NRW und den Niederlanden. Die Schnittstellen-Lage der Region bevorteilt insbesondere die Logistikbranche. Weitere Kernbranchen sind Agrobusiness, Textil, Chemie, Maschinenbau, Elektrotechnik, Energie und der Tourismus.

In der anschließenden Diskussion interessierten sich die Teilnehmenden insbesondere für die Chancen der Energiewende. Hier ist der südliche Niederrhein zwar zunächst durch den Braunkohlestrukturwandel stark benachteiligt. Die grundsätzliche Verfügbarkeit von Flächen für die Wertschöpfungskette der erneuerbare Energien biete jedoch theoretisch im Gesamtraum ein Potenzial gegenüber den benachbarten verdichteten Räumen. Es gibt bereits größere Solar- und Wasserstoff-Projekte sowie den Gigawattpakt zur weiteren Steigerung des Ausbaus. Die Nähe zu erneuerbaren Energiequellen gelte inzwischen als harter Standorfaktor bei der Ansiedlung von Unternehmen. Einige Teilnehmer haben den Eindruck, dass solche harten Standortfaktoren inzwischen wieder eine größere Rolle spielen als die eher auf weiche Faktoren abzielende Innovationspolitik. Anders gesagt: Es geht nun darum, den Innovationen zur Verbreitung zu verhelfen. Diese Transformation / Diffusion benötige verstärkt wieder Großansiedlungen (z.B. Batterieproduktion und -recycling). Genauso gebe es allerdings auch weitere externe Anlässe für Großansiedlungen wie z.B. die gewünschte Resilienz bei der Halbleiterproduktion. Abschließend wurde bedauert, dass Strukturwandel derzeit themenfokussiert die Dekarbonisierung betrachtet und damit die strukturwandelbetroffenen Branchen der Region nur teilweise berücksichtigt.

Herzlichen Dank an die beiden Referierenden für den Beitrag und die Gelegenheit zum intensiven Austausch mit der GfS!